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                                                               Designcenter Winkelhaak Antwerpen, Belgien
Designcenter Winkelhaak Antwerpen, Belgien

 

Die Malerei gibt mir das Gefühl, nach einer

langen Suche endlich angekommen zu sein.

 

 

 

 

 

 

GALERIE NORBERT HÜMBS I BERLIN

 

Ann Besier zeigt in ihren kraftvollen Bildern Pflanzen, Tiere, Menschen in einer traumhaft- surrealen Weise. Ihre Themen sind die Verwandlungsprozesse der Natur und des Menschen und die Entfremdung des Menschen von der Natur und von sich selber. Sie erfindet eine Welt, in der Fiktion und Realität ineinander übergehen.

 

Wir sehen sehr genau gezeichnete figürliche Darstellungen. Ann Besier setzt Acrylfarben und fluoreszierende Farben von teilweiser fast greller Intensität ein. Als Maluntergrund verwendet sie Leinwand, Baumwolle, Lastwagenplanen, Wachstuch-Tischdecken und Geschirrhandtuch. Außerdem finden wir Collagen, Arbeiten auf Holz und Bleistiftzeichnungen.

 

Sind ihre Arbeiten surrealistisch? Als typische Ausdrucksmittel des Surrealismus gelten Darstellungen des Traumhaften, Unbewussten, Absurden und Phantastischen. Es wundert nicht, dass sie Max Ernst als einen der von ihr geschätzten Künstler bezeichnet. Ann Besier ist keine Vertreterin spontaner, aus dem Affekt, aus dem Unbewussten entwickelter Malerei. Sie setzt ihre Bildideen planvoll nach groben Skizzierungen der Komposition um. Der von ihr verwendete Malgrund verlangt geduldigen wiederholten Farbauftrag, da Plane und Wachstuch sich zunächst farbabweisend verhalten. Auf mich wirken die Bilder trotz ihrer realistischen Darstellung der Figuren märchenhaft. Es könnte sich um Traumbilder handeln.

 

Im Unterschied zu dem von ihr geschätzten kanadischen Naturforscher und Maler Robert Batemann verleiht sie ihren Tieren anthropomorphe Züge. Sie verfremdet die Tiere, steckt sie in Hasenkostüme wie die beiden unglücklich aussehenden Bulldogen und den Wolf. Sie sind in ihrer Identität verunsichert. Alles verwandelt sich. Auch die Menschen stecken im Hasenkostüm und schauen uns mit undurchdringlicher Miene an. Soll man dem Titel „Egal was ist, Hase liebt Dich immer“ glauben. Der Harmlosigkeit mag man angesichts der Handgranate in den Händen des Mädchens nicht zu trauen.

 

Der Hase hat eine biographische Bedeutung für die Künstlerin. Wie im Film „Das Wunder von Bern“ musste sie als Kind erleben, dass der geliebte Hase schließlich als Weihnachtsbraten auf den Tisch kam. In der kindlichen Phantasie und später malerisch in der Serie Hasenland hat er überlebt. Im Computerzeitalter hat er sich zum Robo Rabbit weiterentwickelt. Jetzt steht er über Datenströme mit dem Menschen in Verbindung und nicht mehr in Form körperlicher Nähe.

 

Das Verwandlungsthema Mensch-Tier spielt in Märchen und in der Literatur eine Rolle aber auch in einer besonderen Subkultur der Furries, der Anhänger des Pelzigen.

 

Erst kürzlich fand in Berlin zum 10. Mal die Furry Convention statt, bei der sich mehr als 2000 Felltier-verkleidete Menschen trafen. Ist es nur ein Hobby wie andere auch? Oder der Wunsch oder das Empfinden, anders zu sein, sich anders verhalten zu wollen? Eine Zweitperson, ein Avatar in Form des Lieblingstieres, mit dem man sich am besten identifizieren kann?

 

In den Arbeiten von Ann Besier finden wir auch die umgekehrte Verwandlung. Der Hund TouTou steckt in Menschkleidern. Wie mag er sich fühlen, zumal sein Fuß von einer Krake umklammert ist. Die Menschen lieben es, Tiere mit menschlichen Eigenschaften zu versehen und sie so zu dressieren, dass sie wie Hunde im Zirkus oder auch tänzelnde Turnierpferde menschliches Verhalten zeigen können. Wir sprechen mit Tieren und gehen davon aus, dass sie zumindest etwas davon verstehen. Tiere schlafen mit im Bett, wenn sie nicht zu groß sind, und erhalten zuweilen Geburtstagsgeschenke.

 

Der kleine schlafende Affe zeigt eine anrührende Zerbrechlichkeit und Zartheit. Das Tier als der gefühlvollere Mensch? Die großen lang gehörnten Antilopen lassen die arabische Oryx-Antilope denken, die sich Fabelruhm erwarb, weil sie als nicht zähmbar galt.

 

Die Serie der 7 Raben enthält neben dem Mensch-Tier- Verwandlungsthema auch symbolische Bedeutung. Die 7 kommt mehrfach in den Grimmschen Märchen vor (die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen, der Wolf und die sieben Geißlein. Es gibt die 7 Tage, die sieben Weltwunder. Die Welt ist in 7 Tagen erschaffen. 7 ist die am häufigsten genannte Lieblingszahl.

 

Auch die 10 als Symbol ist bewusst eingesetzt. 10 ist eine Grenze, weiter können wir mit den Fingern nicht zählen. Wir haben die zehn Gebote, die uns auch Grenzen setzen.

 

Hinweisen möchte ich noch auf die Melt away – dahin- schwinden- Serie, in denen die Künstlerin das Artensterben thematisiert. In der oberen rechten Arbeit sehen sie Kiwis, flugunfähige Vögel, die in Neuseeland beheimatet sind. Sie haben ein so hohes Ansehen, dass sich die Neuseeländer selber als Kiwis bezeichnen. Es werden große Anstrengungen unternommen, sie vor dem Aussterben zu bewahren. Sie sind besonders von eingeschleppten Tierarten bedroht.

 

Das leitet über zum realistischen oder pessimistischen Bildtitel „All beauty must die“, das Chrysanthemen vor einem dunklen Hintergrund zeigt. Den Chrysanthemen wird in den verschiedenen Teilen der Welt eine unterschiedliche Bedeutung gegeben. Während sie in Asien mit Glücksvorstellungen verknüpft sind, stehen sie in Europa und Deutschland eher mit dem Tod in Verbindung. „All beauty must die“ enthält beides, das Glück des Aufblühens - die Schönheit - und das Wissen um die Vergänglichkeit. Eine bessere Metapher für das Leben ist kaum möglich. Die Chrysanthemen genießen es, hell zu leuchten. Sie wissen um den dunklen Hintergrund, in dem sie irgendwann verschwinden.

 

Im Herzen die Welt © Norbert Hümbs I Einführungsrede Ausstellungseröffnung 6. September 2019

 

 

GEHAG FORUM BERLIN

 

Ann Besier untersucht Rollenverhalten und Rollenzuschreibungen in märchenhaften Zusammenhängen ebenso wie sie die romantische Illusion spielerisch bildhaft thematisiert. Das alles auf einem Niveau, auf dem das Wunder sich auch tatsächlich ästhetisch ereignet – traumhaft farbig bis an die Kitschgrenze, detailreich, humorvoll bis zur Benutzung von Wachstuch und Geschirrhandtüchern als Maluntergrund, phantasieanregend, verführerisch, hintersinnig, oftmals kunsthistorisch kenntnisreich geerdet, mit Lichtgestalten und Tieren, die die Künstlerin in ihren Bildern heiligspricht.

 

Ann Besier ist eine begnadete Zeichnerin und eine Malerin, die mit ihren Bildern wohl wirklich imstande ist, den bösen Blick abzuwenden mit der Produktion visueller Glückserfahrungen.

 

GEHAG Forum Berlin © Christoph Tannert I Leiter Künstlerhaus Bethanien

 

 

MYTHOS NATUR I VERBORGENES MUSEUM BERLIN

 

Tierdarstellungen wie Hase, Affe, Reh und Hirsch misst die Künstlerin Ann Besier neben menschlichen Gestalten großen Raum bei. Figuren mit Tierkopf und menschlichem Körper oder Habitus bilden eine Einheit; die Natur hat beides hervorgebracht. In besonderen Schutzräumen, Refugien führen die Tiere, der Realität enthoben, ein paradiesisches Dasein. Die Darstellungen machen deutlich, in welch schutzwürdigen Situationen, von Missbrauch und Tötung, Ausrottung und Aussterben bedroht, sich die Tiere befinden. Dem reinen Nutzen, den die Tiere uns verschaffen, setzt Ann Besier die Seele, das Bewusstsein der lebendigen Wesen gegenüber, denen der Mensch respektvoll und mit Achtung begegnen soll.

 

Märchenhaft erzählende Details sind in einer klaren Bildersprache mit Pop Art und Comic-Elementen unterlegt, kraftvoll und farbig gemalt, und teilweise in Prunk- und Pomprahmen gefasst. Witzig-humorvolle bis grotesk angelegte Figuren voll Energie, lenken den Betrachter auf sich selbst zurück, hinter den Spiegel, und ermöglichen ihm, eine Spur des Geheimnisvollen, Rätselhaften dieser Welt mitzunehmen. Die Verwendung von Hintergrundgold greift traditionelle Gestaltungselemente des frühen Mittelalters auf, wie beispielsweise auf byzantinischen Ikonen, ohne deren inhaltliche Thematik zu übernehmen. Es begegnen uns Allegorien zu Wert- systemen sowie Ursymbole unserer Welterfahrung. Mythen und Märchen, Symbole und Allegorien verschmelzen zu neuen Bildmotiven und Bildschöpfungen bei Ann Besier.

 

MYTHOS NATUR Verborgenes Museum Berlin © Kirstin Nordhausen Kunsthistorikerin M.A. Berlin

 

 

ARTISTDOCK I BERLIN

 

Ann Besier´s produktive Karriere wird durch das Prinzip der Sammlung angetrieben. Barock und exzentrisch sind ihre Arbeiten mit Farben und Texturen gefüllt, bevölkert von mythologischen und surrealen Kreaturen. Sie benutzt unterschiedliche Materialien von Leinwand, Geschirrhandtüchern bis Wachstuch, verwendet Stempel, Blattgold, Seidenblumen u.a. und erschafft dadurch ihre ganz eigene Realität, in welcher Träume und Assoziationen freie Gestalt annehmen. In ihren zeitlosen Gemälden koexistieren Ironie und Heiligtum, durchdringen einander, erstaunliche Kompositionen entstehen.

 

© Serena Rota Kunsthistorikerin I Art Historian I Milano I Berlin