TALES

TALES

Tiere treten im Märchen ganz selbstverständlich so auf, als wären sie Menschen. Der Sprache mächtig, fähig zu leiden, für Hilfe zu danken oder um zu bestrafen. Meist handelt es sich um Menschen, die in Tiere verzaubert wurden. Am Ende des Märchens erlangen sie ihre wahre Gestalt wieder. In Anbetracht der Tatsache, dass Märchen eine sehr alte Form der Erzählung sind, widme ich mich in meinen Arbeiten immer wieder bildnerisch diesen frühen Vorläufern der fantastischen Literatur.

 

Im Märchen sind Tiere, als auch Pflanzen dem Menschen gleichwertige Geschöpfe, nicht unterlegen und zum Objekt degradiert. Tiere sind im wahrsten Sinne des Wortes Brüder und Schwestern, dies wird besonders in den Märchen Brüderchen und Schwesterchen, Die sieben Raben und Fundevogel deutlich.

 

Wenn man der These folgt, dass Tiere einen Teil der menschlichen Seele verkörpern, dann liegt es nah, den verschiedenen Tierarten Symbolcharakter zuzuschreiben. Vögel stehen für die Seele, sie verbringen zwar einen Teil ihres Lebens auf der Erde und treten hier in Kontakt zu den Menschen, doch haben sie darüber hinaus ein Leben jenseits dieser Begrenzung. Vögel stehen für Freiheit und Fantasie, für die Loslösung der Gedanken vom Körper und die Befreiung aus Zwängen und Gefangenschaft. Einige Vogelarten haben sehr spezifische Bedeutungen - der Rabe steht für Klugheit, für den Übergang in ein anderes Leben, Tod, Trauer und Bote des Unheils - die Eule ist ein Symbol der Weisheit.

 

Antropomorphe Darstellungen von Tieren dienten in der Literatur, bekanntestes Beispiel ANIMAL FARM von George Orwell, in Fabeln und Märchen stets als symbolische Darstellung der Eigenschaften des Menschen an sich.

Text ©Ann Besier 2023